Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 06/2017:

Alle Steuerzahler

Vermieter

Kapitalanleger

Freiberufler und Gewerbetreibende

Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften

Umsatzsteuerzahler

Arbeitgeber

Arbeitnehmer

Abschließende Hinweise

Zum Anfang



Alle Steuerzahler


Erben zahlen für geerbten Pflichtteilsanspruch Erbschaftsteuer

| Ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch gehört zum Nachlass und unterliegt beim Erben der Erbschaftsteuer. Auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Erben kommt es nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht an. |

Das Vermögen des Erblassers geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ganzes auf den Erben über. Dazu gehört auch ein dem Erblasser zustehender Pflichtteilsanspruch, weil dieser Anspruch kraft Gesetzes vererblich ist. Für die Besteuerung ist es nicht erforderlich, dass der Erbe den geerbten Pflichtteilsanspruch geltend macht.

Beachten Sie | Die Gefahr einer doppelten Besteuerung beim Erben besteht nicht. Der Erbe eines Pflichtteilsanspruchs muss „nur“ beim Anfall der Erbschaft Erbschaftsteuer für den Erwerb des Anspruchs bezahlen. Wird der Pflichtteilsanspruch später geltend gemacht, löst dies keine weitere Erbschaftsteuer aus. Aber: Macht der Erbe den Anspruch gegenüber dem Verpflichteten (ebenfalls) nicht geltend, fällt für den Erwerb des Anspruchs dennoch Erbschaftsteuer an.

MERKE | Demgegenüber unterliegt ein Pflichtteilsanspruch, der in der Person des Pflichtteilsberechtigten entsteht, erst mit der Geltendmachung der Erbschaftsteuer. Der Pflichtteilsberechtigte kann also – anders als sein eigener Erbe – die Erbschaftsteuer vermeiden, wenn er auf die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs verzichtet.

Quelle | BFH-Urteil vom 7.12.2016, Az. II R 21/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 192927

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Grunderwerbsteuer: Rückwirkende Erhöhung bei späterer Grundstücksbebauung möglich

| Grunderwerbsteuer auf den Grund und Boden sowie auf das noch zu errichtende Gebäude wird dann fällig, wenn zwischen dem Kauf des Grundstücks und der Errichtung der Immobilie ein objektiv sachlicher Zusammenhang hergestellt werden kann. Im Fachjargon spricht man von einem „einheitlichen Vertragswerk“. Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags ein nachträgliches Ereignis ist, welches die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auf den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs dahingehend verändert, dass zu den Kosten des Grundstückserwerbs nunmehr auch die Baukosten hinzutreten. |

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger erwarb von einer Stadt ein Grundstück, das mit einem Reihenhaus bebaut werden sollte. Im Grundstückskaufvertrag, der von der Stadt und von dem zu beauftragenden Bauunternehmen unterzeichnet wurde, war u. a. festgelegt, nach welchen architektonischen Plänen das Haus errichtet werden sollte. Das Finanzamt setzte daraufhin die Grunderwerbsteuer fest, bezog aber nur die Kosten für den Grundstückskauf ein. Nach der Steuerfestsetzung schloss der Steuerpflichtige einen Bauerrichtungsvertrag mit dem Bauunternehmen.

Daraufhin änderte das Finanzamt die Steuerfestsetzung und bezog nun die Baukosten mit ein. Dagegen wehrte sich der Steuerpflichtige und bekam vor dem Finanzgericht Niedersachsen Recht, da die bestandskräftigen Bescheide nicht mehr änderbar gewesen seien. Dies sah der Bundesfinanzhof allerdings anders und hob die Vorentscheidung auf.

Ist der Erwerber eines Grundstücks beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden, wird das erworbene Grundstück erst dann in bebautem Zustand erworben, wenn auch der Bauerrichtungsvertrag geschlossen ist.

Mit Abschluss des Bauerrichtungsvertrags steht fest, dass das Grundstück in bebautem Zustand Erwerbsgegenstand ist und damit auch die Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Vor Abschluss des Bauerrichtungsvertrags kommt eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage für den Kauf des Grundstücks um die Baukosten somit nicht in Betracht. Bis dahin ist das Grundstück in seinem tatsächlichen, unbebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs. Erst mit Abschluss des Bauerrichtungsvertrags verändert sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs nachträglich – und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erwerbs.

Quelle | BFH-Urteil vom 25.1.2017, Az. II R 19/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193277

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Lebenslanges Kindergeld bei spät diagnostiziertem Gendefekt?

| Eltern erhalten für erwachsene Kinder zeitlich unbegrenzt Kindergeld, wenn das Kind behindert ist und es deshalb seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann. Dies soll nach Ansicht des Finanzgerichts Köln auch dann gelten, wenn ein Gendefekt erst nach Erreichen der Kindergeld-Altersgrenze diagnostiziert wird und das Kind davor seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten konnte. |

Sachverhalt

Die 1968 geborene T leidet an einer erblichen Muskelerkrankung, bei der es zu einer fortschreitenden Abnahme der Muskelkraft kommt. Diagnostiziert wurde dies erst im Alter von
30 Jahren. In der Folge verschlechterte sich der Gesundheitszustand. Mit 40 Jahren wurde ein Grad der Behinderung von 100 % verbunden mit dem Merkzeichen G und aG festgestellt. Seit dem 43. Lebensjahr bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Den Kindergeldantrag des Vaters für die Zeit ab Januar 2010 lehnte die Familienkasse ab, da die Behinderung nicht vor dem Erreichen der Altersgrenze eingetreten sei, die für vor 1982 Geborene noch bei 27 Jahren (heute 25 Jahre) lag. Der Gendefekt habe erst wesentlich später zu einer Behinderung geführt. Die hiergegen erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht Köln Erfolg.

Die Erkrankung besteht bereits seit der Geburt. Dass sie erst nach Vollendung des 27. Lebensjahres diagnostiziert worden ist, ist unerheblich, da es auf den objektiven Befund ankommt und nicht auf dessen Kenntnis. Ebenfalls belanglos ist, dass die Tochter zunächst nur leichtere Symptome der Krankheit verspürt hat. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs muss nur die Behinderung vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten sein, nicht aber die dadurch bedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt.

Beachten Sie | Gegen diese Entscheidung ist bereits die Revision anhängig.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 12.1.2017, Az. 6 K 889/15, Rev. BFH Az. XI R 8/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193078; BFH-Urteil vom 4.8.2011, Az. III R 24/09

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Vermieter


Einkunftserzielungsabsicht kann auch durch Fehlverhalten der Miteigentümer entfallen

| Kann ein Steuerpflichtiger eine früher vermietete Eigentumswohnung nicht in einen betriebsbereiten Zustand versetzen und zur Vermietung bereitstellen, kann die Einkunftserzielungsabsicht entfallen, wenn die Wohnung mehrere Jahre leer steht. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist dem Steuerpflichtigen dabei das Fehlverhalten oder das Nichtverhalten der Miteigentümer zuzurechnen. |

Hintergrund: Bei leer stehenden Objekten können Aufwendungen steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn die Absicht, Vermietungseinkünfte erzielen zu wollen, festgestellt werden kann. Je länger der Leerstand andauert, desto schwieriger ist dieser Nachweis.

Die Besonderheit im Streitfall bestand darin, dass sich der Eigentümer intensiv um eine Sanierung bemüht hatte. Weil die Miteigentümer aber nicht mitwirkten, war es nicht möglich, die Sanierung voranzutreiben und abzuschließen.

Die über Hausverwaltungen und Makler vorgenommenen Vermietungsbemühungen in den Streitjahren waren nicht ernsthaft und nachhaltig gemeint. Sie konnten wegen des Zustands der Anlage nur ins Leere laufen und dienten lediglich der Prüfung, ob überhaupt Mietinteressenten vorhanden sind.

Quelle | BFH-Urteil vom 31.1.2017, Az. IX R 17/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193072

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Kapitalanleger


Positive Entscheidung des Bundesfinanzhofs zum Verlustausgleich bei Einkünften aus Kapitalvermögen

| Erzielen Steuerpflichtige sowohl negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, das der Abgeltungsteuer unterliegt, als auch positive Einkünfte aus Kapitalvermögen, das nach dem persönlichen Steuersatz zu besteuern ist, kann eine Verrechnung erfolgen. Hierzu ist es allerdings erforderlich, dass der Steuerpflichtige bei seiner Einkommensteuererklärung in der Anlage KAP die sogenannte Günstigerprüfung beantragt. |

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger hatte Zinsen aus einem privaten Darlehen erzielt. Dieses ordnete das Finanzamt als Darlehen zwischen nahestehenden Personen ein, sodass die Zinsen nach dem persönlichen Steuersatz zu besteuern waren. Daneben erzielte er negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer unterlagen.

In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Steuerpflichtige im Wege der Günstigerprüfung die Verrechnung dieser Kapitaleinkünfte. Dies lehnten das Finanzamt und das Finanzgericht Rheinland-Pfalz ab. Der Bundesfinanzhof war hier allerdings großzügiger.

Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit anderen Einkunftsarten (z. B. Vermietung und Verpachtung) ausgeglichen werden. Diese Regelung schließt aber nicht aus, dass negative Kapitaleinkünfte, die unter die Abgeltungsteuer fallen, mit positiven Kapitaleinkünften, die dem persönlichen Steuersatz unterliegen, verrechnet werden dürfen.

Voraussetzung ist jedoch, dass der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung in der Anlage KAP einen Antrag auf Günstigerprüfung stellt. Dieser hat zur Folge, dass die der Abgeltungsteuer unterliegenden negativen Kapitaleinkünfte der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, sodass eine Verlustverrechnung möglich wird.

PRAXISHINWEIS | Die Verlustverrechnung hat hier sowohl eine positive als auch eine negative Folgewirkung:

  • Der Abzug des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 EUR ist bei Kapitaleinkünften, die der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, ausgeschlossen. Dies verstößt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz und auch nicht gegen das objektive Nettoprinzip.
  • Allerdings können die tatsächlich angefallenen Werbungskosten abgezogen werden, was bei einer Versteuerung nach der Abgeltungsteuer grundsätzlich nicht zulässig ist.

Quelle | BFH-Urteil vom 30.11.2016, Az. VIII R 11/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193278

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Freiberufler und Gewerbetreibende


Steuerliche Rückstellungshöhe ist auf den Ansatz in der Handelsbilanz begrenzt

| Mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen dürfen Rückstellungen in der Steuerbilanz den handelsrechtlichen Wert nicht übersteigen. Diese Sichtweise der Finanzverwaltung hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz jüngst bestätigt. |

Unterschiede können sich u. a. aus dem unterschiedlichen Abzinsungszeitraum ergeben. Steuerlich ist bei Sachleistungsverpflichtungen nämlich der Zeitraum bis zum Erfüllungsbeginn maßgebend. Da handelsrechtlich indes auf das Ende der Erfüllung abgestellt wird, ergibt sich hier eine höhere Abzinsung und somit ein niedrigerer Wert.

Beachten Sie | Ob die (für die Finanzverwaltung günstige) Deckelung der Rückstellungshöhe wirklich zulässig ist, wird der Bundesfinanzhof in der Revision entscheiden müssen.

Quelle | FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.12.2016, Az. 1 K 1912/14, Rev. BFH Az. I R 18/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193496

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Häusliches Arbeitszimmer bei einem Selbstständigen trotz vorhandener Praxisräume anerkannt

| Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Keine Abzugsbeschränkung besteht jedoch, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt. Bildet das Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der Betätigung, steht aber für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind Kosten immerhin bis 1.250 EUR abziehbar. Der Bundesfinanzhof hat aktuell entschieden, dass bei einem Selbstständigen nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in seinen Betriebsräumen zwangsläufig ein solcher anderer Arbeitsplatz ist. |

Sachverhalt

Ein selbstständiger Logopäde war in zwei angemieteten Praxen tätig, die weit überwiegend von seinen vier Angestellten genutzt wurden. Für Verwaltungsarbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt gelangte wegen der konkreten Umstände zu dem Schluss, dass eine Erledigung der Büroarbeiten in den Praxisräumen – auch außerhalb der Öffnungszeiten – nicht zumutbar sei. Da der Bundesfinanzhof diese Sichtweise in der Revision bestätigte, konnte der Logopäde seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zu 1.250 EUR p. a. als Betriebsausgaben abziehen.

Auch Selbstständige können auf ein zusätzliches häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein – und zwar dann, wenn der andere Arbeitsplatz (in den Geschäfts- oder Praxisräumen) in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nicht genutzt werden kann. Ob dies der Fall ist, ist anhand der objektiven Umstände des individuellen Einzelfalls zu klären. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) ergeben.

Im Streitfall war die Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer insbesondere wegen der Größe und Ausstattung, der Nutzung durch vier Angestellte, dem Umfang der Büroarbeit und der Vertraulichkeit der Unterlagen unzumutbar. Im Zusammenhang mit früheren Entscheidungen weist der Bundesfinanzhof zudem darauf hin, dass es dem Steuerpflichtigen nicht immer zumutbar ist, Unterlagen und Geschäftspapiere in seine Praxis zu verbringen und dort zu bearbeiten.

Beachten Sie | Das Verfahren ist für den Logopäden positiv ausgegangen und liefert anderen Selbstständigen Argumente, die gegen das Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes sprechen. Allerdings ist auch zu konstatieren, dass der Bundesfinanzhof von einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb nicht nur dann ausgeht, wenn dieser tatsächlich eingerichtet ist. Da Selbstständige (im Gegensatz zu Arbeitnehmern) die konkrete Ausgestaltung regelmäßig selbst bestimmen können, ist von einem anderen Arbeitsplatz bereits dann auszugehen, wenn er in zumutbarer Weise dort eingerichtet werden könnte.

Quelle | BFH-Urteil vom 22.2.2017, Az. III R 9/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193358

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Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften


Zinsen für Gesellschafterdarlehen: Mittelbare Beteiligung löst Abgeltungsteuer aus

| Gewährt ein Gesellschafter einer GmbH, an der er mit mindestens 10 % unmittelbar beteiligt ist, ein Darlehen, sind die Zinsen mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern, der deutlich höher sein kann, als der Abgeltungsteuersatz von 25 %. Diese Regelung gilt aber nur für unmittelbare Beteiligungen. Das heißt: Wird die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft „nur“ mittelbar gehalten, ist die Abgeltungsteuer anzuwenden. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden. |

Sachverhalt

Im Streitfall hatten eine Steuerpflichtige und ihr (später verstorbener) Ehemann an eine Kapitalgesellschaft, an der sie nicht unmittelbar beteiligt waren (Enkelgesellschaft), ein Grundstück veräußert und die Kaufpreisforderung in ein verzinsliches Darlehen umgewandelt. An der Enkelgesellschaft war zu 94 % eine weitere Kapitalgesellschaft (Muttergesellschaft) beteiligt, an der die Steuerpflichtige zunächst Anteile in Höhe von 10,86 % und später dann in Höhe von 22,80 % des Stammkapitals hielt.

Strittig war nun die Besteuerung der Darlehenszinsen. Das Finanzamt stellte auf den persönlichen Steuersatz ab, wohingegen das Finanzgericht Rheinland-Pfalz und der Bundesfinanzhof den Abgeltungsteuersatz anwandten.

Die Regelung, wonach die Zinsen aus Darlehen eines mindestens zu 10 % unmittelbar beteiligten Gesellschafters nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, findet für Darlehen eines mittelbaren Gesellschafters keine Anwendung. Ein gesetzgeberisches Versehen ist insoweit ausgeschlossen, als die mittelbare Beteiligung hier nicht explizit genannt ist, in der gleichen Norm (zu einer anderen Fallgestaltung) aber schon. Dies zeigt, dass die beiden Begriffe nicht bedeutungsgleich zu verwenden sind.

Zudem ist eine weitere Ausnahmeregelung für den Ausschluss der Abgeltungsteuer nicht anzuwenden. Danach muss der Gesellschafter der Muttergesellschaft als Darlehensgeber im Verhältnis zur Enkelgesellschaft als Darlehensnehmerin eine nahestehende Person sein. Das hierzu erforderliche Nähe- und Abhängigkeitsverhältnis liegt jedenfalls dann vor, wenn der Darlehensgeber als Gläubiger der Kapitalerträge eine Beteiligung an der Muttergesellschaft innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in deren Gesellschafterversammlung durchzusetzen. Zusätzlich muss die Mutter- an der Enkelgesellschaft zu mindestens 10 % beteiligt sein.

Da die Steuerpflichtige aber über keine Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft verfügte und auch keine anderweitige „faktische“ Beherrschung erkennbar war, war sie im Verhältnis zur Enkelgesellschaft keine nahestehende Person.

Quelle | BFH-Urteil vom 20.10.2016, Az. VIII R 27/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193071

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Umsatzsteuerzahler


Bundesfinanzhof durchschlägt gordischen Knoten in Bauträger-Altfällen

| Seit geraumer Zeit ringen die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte um eine verfassungsgerechte Lösung in sogenannten Bauträger-Altfällen. Aktuell hat der Bundesfinanzhof hierzu entschieden und damit wohl den gordischen Knoten in den meisten Fällen durchschlagen. Denn nach der Entscheidung kann eine Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann zu seinem Nachteil geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem Leistungsempfänger zusteht. |

Hintergrund und Rückblick

In § 13b Umsatzsteuergesetz (= UStG) sind bestimmte Fälle aufgeführt, in denen der Leistungsempfänger (also nicht der leistende Unternehmer) die Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt schuldet. Dies wird als Übertragung der Steuerschuldnerschaft bezeichnet.

Die für die Baubranche verankerte Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger hatte die Finanzverwaltung ab 2010 per Verwaltungsanweisung auch auf bauleistungsempfangende Bauträger ausgedehnt. Somit erstellten die an Bauträger leistenden Unternehmer fortan „Nettorechnungen“ und überließen die Abführung der Umsatzsteuer den Bauträgern. Diese konnten jedoch wegen ihrer zumeist steuerfreien Verkaufsumsätze keinen (spiegelbildlichen) Vorsteuerabzug geltend machen.

Als der Bundesfinanzhof die Einbeziehung der Bauträger in die Anwendung des § 13b UStG als rechtswidrig verwarf, rollte auf die Finanzämter eine Antragswelle mit Rückerstattungsforderungen der Bauträger zu. Dies wollte der Gesetzgeber mit einem Reparaturversuch verhindern:

Zum einen wurde der alte Status quo (zumindest weitgehend) wiederhergestellt. Denn nach dem geänderten § 13b UStG wird der Leistungsempfänger für bezogene Bauleistungen dann zum Steuerschuldner, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt. Davon ist auszugehen, wenn ihm das Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Bescheinigung darüber erteilt hat.

Für Altfälle wurde § 27 Abs. 19 UStG eingefügt. Hier wurde rückwirkend (für Umsätze, die vor dem 15.2.2014 ausgeführt wurden) geregelt, dass in den Fällen, in denen die Leistungsempfänger nachträglich einen Korrekturantrag stellen, die Steuer bei den leistenden Unternehmern nachzufordern ist. Zur Vereinfachung des Verfahrens wurde geregelt, dass der leistende Unternehmer in diesen Fällen seinen dann gegenüber dem Leistungsempfänger zivilrechtlich entstehenden Anspruch auf Nachzahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt abtreten kann, welches im Anschluss mit der Erstattungsforderung des Leistungsempfängers gegenüber dem Fiskus aufrechnen wird.

Der rückwirkende Regelungsinhalt des § 27 Abs. 19 UStG und die Nachbelastung der leistenden Unternehmer löste zahlreiche zivil- und finanzgerichtliche Verfahren aus. In der Praxis wartete man seitdem gespannt auf höchstrichterliche Entscheidungen in einem Hauptsacheverfahren – und eine derartige Entscheidung liegt nun vor.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs

Das Finanzamt darf die Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann ändern, wenn diesem ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.

Diese zusätzliche Änderungsvoraussetzung ergibt sich aus einer Auslegung von § 27 Abs. 19 UStG nach Normzweck, Sinnzusammenhang und Wortlaut. Dabei ist zudem der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung zu berücksichtigen.

Kurzum: Der leistende Unternehmer wird auf diese Weise vollständig von der Umsatzsteuer auf seine Leistungen entlastet. Er steht dann so, wie er stünde, wenn alles von vornherein richtig beurteilt worden wäre.

Offene Fragen

Beim Bundesfinanzhof gibt es zwei Umsatzsteuersenate. Entschieden hat vorerst aber nur der V. Senat des Bundesfinanzhofs, sodass eine abweichende Sichtweise des XI. Senats zumindest denkbar ist.

Zudem betrifft die aktuelle Entscheidung nur die Seite des bauleistenden Unternehmers. Hinsichtlich der Erstattungsanträge der Bauträger ist noch unklar, ob die Finanzverwaltung diesen tatsächlich die Auszahlung der zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuer verweigern kann, bis der Bauträger die Rückzahlung der Umsatzsteuer-Differenz an den Bauleistenden nachweist. Diese Frage hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich offengelassen.

Beachten Sie | Das Finanzgericht Münster hat zu dieser Frage die Ansicht vertreten, dass die Umsatzsteuerschuldnerschaft des Bauträgers unabhängig davon entfällt, ob der Bauträger die Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer erstattet. Die Finanzverwaltung hat hiergegen aber bereits Revision eingelegt.

In diesem Sinne stellt die vorliegende Entscheidung nur eine Etappe im wohl noch längeren Weg zur verfassungs- und unionsrechtlichen Klärung und nachfolgenden Abwicklung der Bauträger-Altfälle dar.

Quelle | BFH-Urteil vom 23.2.2017, Az. V R 16, 24/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193273; FG Münster, Urteil vom 31.1.2017, Az. 15 K 3998/15 U, Rev. BFH Az. V R 6/17

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Arbeitgeber


Stück- und Akkordlöhne sind Bestandteile des Mindestlohns

| Stück- und Akkordlöhne können Gehaltsbestandteile sein und sind auch nach dem Mindestlohngesetz zulässig, wenn gewährleistet ist, dass der Mindestlohn (seit 1.1.2017: 8,84 EUR brutto je Zeitstunde) für die geleisteten Stunden erreicht wird. So lautet im Kern eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern. |

Der Gesetzgeber hat keine bestimmte Lohnermittlungsmethode vorgegeben und auch keinen festen Grundlohn. Den Arbeitsvertrags- und den Tarifvertragsparteien steht es frei, unterschiedliche Entlohnungsformen zu vereinbaren. Ein leistungsabhängiger Lohnbestandteil, der das Ziel hat, dem Arbeitnehmer einen finanziellen Anreiz dafür zu bieten, in quantitativer und qualitativer Hinsicht seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht nachzukommen, ist geeignet, den Mindestlohnanspruch zu erfüllen.

Den Mindestlohnanspruch erfüllen grundsätzlich alle Entgeltzahlungen des Arbeitgebers, die sich als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fehlt grundsätzlich nur solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (wie beispielsweise der Nachtzuschlag nach § 6 Abs. 5 des Arbeitszeitgesetzes).

Eine Anrechnung scheidet auch aus, wenn der Entgeltbestandteil nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitsleistung steht, sondern eine andere Funktion als der Mindestlohn hat. Das gilt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm z. B. für vermögenswirksame Leistungen, die nicht dazu bestimmt sind, den laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten.

Beachten Sie | Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen.

Quelle | LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 31.1.2017, Az. 5 Sa 28/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 192636; BAG-Urteil vom 25.5.2016, Az. 5 AZR 135/16; LAG Hamm, Urteil vom 22.4.2016, Az. 16 Sa 1627/15

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Arbeitnehmer


Doppelte Haushaltsführung: Hausrat und Einrichtungsgegenstände weiter voll abzugsfähig

| Seit 2014 sind bei einer doppelten Haushaltsführung für Unterkunftskosten nur noch maximal 1.000 EUR im Monat als Werbungskosten abziehbar. Zu diesen Unterkunftskosten zählt das Bundesfinanzministerium auch die Aufwendungen für notwendige Einrichtungsgegenstände (ohne Arbeitsmittel). Diese Ansicht teilt das Finanzgericht Düsseldorf jedoch nicht. |

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer unterhielt im Streitjahr 2014 neben seinem eigenen Hausstand (Lebensmittelpunkt) eine Wohnung am Ort seiner ersten Tätigkeitsstätte. In seiner Einkommensteuererklärung begehrte er den Abzug von notwendigen Mehraufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten (Miete zuzüglich Nebenkosten, Aufwendungen bzw. Abschreibungen für Möbel und Einrichtungsgegenstände).

Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen jedoch nur insoweit, als sie den Betrag von 1.000 EUR pro Monat nicht überstiegen. Dagegen wandte sich der Arbeitnehmer und machte geltend, die Aufwendungen für die Einrichtung der Wohnung seien unbeschränkt abzugsfähig, da sie keine Unterkunftskosten darstellen. Diese Auffassung bestätigte nun das Finanzgericht Düsseldorf.

Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und notwendigen Hausrat werden vom Höchstbetrag nicht erfasst. Weder aus dem gesetzlichen Wortlaut noch aus teleologischen und historischen Erwägungen ergibt sich eine Begrenzung dieser Aufwendungen. Gesetzgeberisches Ziel der Neuregelung war und ist, lediglich die Kosten für die Unterkunft auf 1.000 EUR monatlich zu begrenzen – nicht hingegen sonstige notwendige Aufwendungen.

Beachten Sie | Mit dieser Entscheidung will sich die Finanzverwaltung allerdings nicht zufriedengeben und hat Revision eingelegt. Da diese bereits anhängig ist, können geeignete Fälle über einen Einspruch vorerst offengehalten werden.

Quelle | FG Düsseldorf, Urteil vom 14.3.2017, Az. 13 K 1216/16 E, Rev. BFH Az. VI R 18/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193302; BMF-Schreiben vom 24.10.2014, Az. IV C 5 – S 2353/14/10002,
Rz. 104

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Kein Lohnsteuerfreibetrag für Rürup-Beiträge

| Wer Beitragszahlungen in einen Rürup-Rentenvertrag leistet, erhält für die als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge keinen Lohnsteuerfreibetrag. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist diese Regelung verfassungskonform. |

Hintergrund: Durch einen Lohnsteuerfreibetrag erhalten Arbeitnehmer ein höheres Nettogehalt, da der Lohnsteuerabzug verringert wird. Die Lohnsteuer ist aber nur eine Form der Einkommensteuer und somit keine Steuer eigener Art. Bei einem Lohnsteuerfreibetrag fällt also eine etwaige Steuererstattung im Zuge der Einkommensteuerveranlagung entsprechend geringer aus.

Quelle | BFH-Urteil vom 10.11.2016, Az. VI R 55/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 192762

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