Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 09/2020:
Alle Steuerzahler
- Grundfreibetrag, Kindergeld und -freibeträge sollen ab 2021 steigen
- In der Pipeline: Verdopplung der Behinderten-Pauschbeträge ab 2021
- Haushaltsnahe Dienstleistungen: Neues zum Abzug von Pflegekosten für Angehörige
- Provisionen können das Elterngeld erhöhen
Vermieter
Freiberufler und Gewerbetreibende
- 15 Bundesländer gewähren erneuten Aufschub bei der Umstellung elektronischer Kassen
- Corona-Update: Anträge auf Überbrückungshilfe
- Voller Betriebsausgabenabzug bei einer Notfallpraxis im Wohnhaus möglich
Umsatzsteuerzahler
- Pauschalpreise: Aufteilung in der Gastronomie und für Beherbergungsleistungen
- Vorsteuerabzug für die Renovierung eines Home-Office teilweise zulässig
- Neue Entwicklungen bei der Option zur Steuerpflicht bei Vermietungsumsätzen
Arbeitgeber
Abschließende Hinweise
Alle Steuerzahler
Grundfreibetrag, Kindergeld und -freibeträge sollen ab 2021 steigen
| Die Bundesregierung hat am 29.7.2020 den Entwurf für ein „Zweites Familienentlastungsgesetz“ beschlossen. Von der beabsichtigten Anhebung des Kindergelds und der Kinderfreibeträge werden ab 2021 insbesondere Familien mit Kindern profitieren. Zudem soll der steuerliche Grundfreibetrag erhöht werden. |
Der Kinderfreibetrag soll ab 2021 von derzeit 5.172 EUR (2.586 EUR je Elternteil) auf 5.460 EUR (2.730 EUR je Elternteil) erhöht werden. Der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf soll von 2.640 EUR (1.320 EUR je Elternteil) auf 2.928 EUR (1.464 EUR je Elternteil) steigen.
Das Kindergeld soll um 15 EUR je Kind und Monat erhöht werden. Dies bedeutet ab 2021:
- jeweils 219 EUR für das erste und zweite Kind,
- 225 EUR für das dritte Kind und
- 250 EUR für jedes weitere Kind.
Der Grundfreibetrag, bis zu dessen Höhe keine Einkommensteuer gezahlt werden muss, soll von 9.408 EUR auf 9.696 EUR (2021) und 9.984 EUR (2022) steigen. Der Unterhaltshöchstbetrag wird dann an diese Werte angepasst.
Zum Abbau der kalten Progression sollen die Eckwerte des Einkommensteuertarifs nach rechts verschoben werden: Für 2021 um 1,52 % und für 2022 um 1,5 % (voraussichtliche Inflationsraten).
Quelle | Zweites Familienentlastungsgesetz, Regierungsentwurf vom 29.7.2020
In der Pipeline: Verdopplung der Behinderten-Pauschbeträge ab 2021
| Durch das „Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen“ (Regierungsentwurf vom 29.7.2020) sollen die Behinderten-Pauschbeträge verdoppelt und die steuerlichen Nachweispflichten verschlankt werden. Der Entwurf enthält insbesondere folgende Maßnahmen: |
- Verdopplung der Behinderten-Pauschbeträge (inklusive Aktualisierung der Systematik),
- Einführung eines behinderungsbedingten Fahrtkosten-Pauschbetrags,
- Verzicht auf die zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung eines Behinderten-Pauschbetrags bei einem Grad der Behinderung kleiner 50,
- Pflege-Pauschbetrag unabhängig vom Kriterium „hilflos“,
- Erhöhung des Pflege-Pauschbetrags bei der Pflege von Personen mit den Pflegegraden 4 und 5 sowie Einführung eines Pauschbetrags bei der Pflege von Personen mit den Pflegegraden 2 und 3.
Quelle | Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen, Regierungsentwurf vom 29.7.2020
Haushaltsnahe Dienstleistungen: Neues zum Abzug von Pflegekosten für Angehörige
| Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg musste sich jüngst mit der Frage beschäftigen, ob Kosten der ambulanten Pflege für die Betreuung der Mutter als haushaltsnahe Dienstleistung geltend gemacht werden können, wenn die Mutter in einem eigenen Haushalt lebt? Im Ergebnis hat das Finanzgericht diese Frage verneint. Es hat allerdings die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. |
Hintergrund: Für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen können Steuerpflichtige nach § 35a Einkommensteuergesetz (EStG) eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 % der Aufwendungen geltend machen. Im Einzelnen gelten folgende Höchstbeträge:
- maximal 4.000 EUR für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen sowie Pflege- und Betreuungsleistungen,
- maximal 510 EUR für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse bei geringfügig Beschäftigten sowie
- maximal 1.200 EUR für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen.
Sachverhalt |
Im Streitfall lebte die Mutter der Steuerpflichtigen in einem eigenen Haushalt, rund 100 km vom Wohnort der Tochter entfernt. Sie bedurfte Hilfe für Einkäufe und Wohnungsreinigung und bezog eine Rente sowie ergänzende Leistungen der Sozialhilfe. Mit einer Sozialstation wurde eine Vereinbarung zur Erbringung von Pflegeleistungen abgeschlossen. Im Vertrag ist die Mutter als Leistungsnehmerin aufgeführt, der Vertrag wurde jedoch von der Tochter unterschrieben. Die Rechnungen, die die Mutter als Rechnungsempfängerin auswiesen, wurden der Tochter übersandt und von dieser durch Banküberweisung beglichen. In der Steuererklärung machte die Tochter die Aufwendungen geltend, was das Finanzamt und in der Folge auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg ablehnten. |
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg führte zunächst aus, dass ein Abzug als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) an der zumutbaren Eigenbelastung scheiterte. Ein Abzug als Unterhaltsleistungen war letztlich wegen der Einkünfte und Bezüge der Mutter nicht möglich.
Die Steuerermäßigung nach § 35a EStG setzt, so das Finanzgericht, nicht voraus, dass der in der Rechnung aufgeführte Leistungsempfänger und der Zahlende identisch sein müssen. Dennoch versagte das Finanzgericht die Steuerermäßigung und zwar aus folgendem Grund: „Pflege- und Betreuungsleistungen für ambulante Pflege außerhalb des Haushalts des Steuerpflichtigen sind … nicht abziehbar. Im Ergebnis können daher zwar die Aufwendungen für die ambulante Pflege eines Angehörigen, der im Haushalt des Steuerpflichtigen lebt, nicht aber für die ambulante Pflege eines Angehörigen, der in seinem eigenen Haushalt lebt, abgezogen werden.“
Beachten Sie | Das Finanzgericht hält es für klärungsbedürftig, ob Kosten für die Pflege von Angehörigen, die in einem eigenen Haushalt leben, nach § 35a EStG als haushaltsnahe Dienstleistungen abziehbar sind und falls ja, ob der Abzug voraussetzt, dass die Rechnung auf den Steuerpflichtigen ausgestellt ist. Demzufolge hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, die von der Steuerpflichtigen auch eingelegt wurde.
MERKE | Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs darf mit Spannung erwartet werden. Dabei geht es auch darum, ob bzw. inwieweit der Bundesfinanzhof seine Entscheidung aus 2019 präzisieren wird, wonach die Steuerermäßigung nur von dem Steuerpflichtigen beansprucht werden kann, dem Aufwendungen wegen seiner eigenen Unterbringung in einem Heim oder zu seiner eigenen dauernden Pflege erwachsen. |
Quelle | FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2019, Az. 3 K 3210/19, Rev. BFH Az. VI R 2/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 215161; BFH-Urteil vom 3.4.2019, Az. VI R 19/17
Provisionen können das Elterngeld erhöhen
| Als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren angemeldete Provisionen können gleichwohl als laufender Arbeitslohn das Elterngeld erhöhen, wenn die Bindungswirkung der Anmeldung für die Beteiligten des Elterngeldverfahrens weggefallen ist. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden. |
Sachverhalt |
Eine Steuerfachwirtin erzielte vor der Geburt ihrer Tochter neben ihrem Gehalt jeden Monat eine Provision (500 bis 600 EUR), die der Arbeitgeber als sonstigen Bezug eingestuft hatte. Deshalb berücksichtigte der Freistaat Bayern die Provisionen bei der Elterngeldbemessung nicht zu Unrecht, wie das Bundessozialgericht nun befand. |
Die in den arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeiträumen regelmäßig und lückenlos gezahlten Provisionen sind laufender Arbeitslohn. Die anderslautende Lohnsteueranmeldung bindet die Beteiligten zwar grundsätzlich im Elterngeldverfahren. Dies gilt aber nicht, wenn die Regelungswirkung der Lohnsteueranmeldung entfallen ist, weil sie (wie hier) wegen eines nachfolgenden Einkommensteuerbescheids überholt ist.
Quelle | BSG-Urteil vom 25.6.2020, Az. B 10 EG 3/19 R, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 216517; BSG, PM Nr. 13 vom 25.6.2020
Vermieter
Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsneubau: Anwendungsschreiben veröffentlicht
| Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus vom 4.8.2019 wurde mit § 7b Einkommensteuergesetz (EStG) eine Sonderabschreibung eingeführt. Diese soll für private Investoren ein Anreiz sein, Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment zu schaffen. Knapp ein Jahr nach der Gesetzesverkündung wurde nun ein 30 Seiten starkes Anwendungsschreiben veröffentlicht. Zudem hat das Bundesfinanzministerium auf seiner Homepage ein Berechnungsschema zur Ermittlung des relevanten wirtschaftlichen Vorteils (Beihilfewert) sowie eine Checkliste zur Prüfung der Einhaltung der Voraussetzungen zur Verfügung gestellt. |
Allgemeine Voraussetzungen
Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung einer neuen Mietwohnung und in den folgenden drei Jahren können neben der „normalen“ Abschreibung bis zu 5 % Sonderabschreibungen geltend gemacht werden. Insgesamt können damit in den ersten vier Jahren bis zu 20 % zusätzlich zur regulären Abschreibung abgeschrieben werden.
Beachten Sie | Im Fall der Anschaffung gilt eine Wohnung nur dann als neu, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird.
Gefördert werden nur Baumaßnahmen aufgrund eines nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 gestellten Bauantrags oder falls eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige.
Sonderabschreibungen sind letztmalig in 2026 möglich. Ab 2027 sind Sonderabschreibungen auch dann nicht mehr zulässig, wenn der Begünstigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist.
Es existieren zwei Kappungsgrenzen:
- Die Sonderabschreibung wird nur gewährt, wenn die Anschaffungs-/Herstellungskosten 3.000 EUR pro qm Wohnfläche nicht übersteigen. Sind die Baukosten höher, führt dies zum Ausschluss der Förderung.
- Steuerlich gefördert werden nur Kosten bis maximal 2.000 EUR pro qm Wohnfläche (= maximal förderfähige Bemessungsgrundlage).
Die Wohnung muss im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen. Werden für die Gebäudeüberlassung weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete gezahlt, ist die Nutzungsüberlassung nach der Gesetzesbegründung als unentgeltlich anzusehen.
PRAXISTIPP | Die Finanzverwaltung ist hier großzügiger und erlaubt eine Aufteilung: „Ist die Nutzungsüberlassung gemäß § 21 Abs. 2 EStG in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, so ist auch die Sonderabschreibung nach § 7b EStG im gleichen Verhältnis aufzuteilen …“ (Randziffer 33 des Schreibens). |
Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, müssen die Sonderabschreibungen rückgängig gemacht werden z. B., wenn die Baukostenobergrenze von 3.000 EUR innerhalb der ersten drei Jahre nach Ablauf des Jahres der Anschaffung oder Herstellung der Wohnung durch nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten überschritten wird.
Antworten liefert das Anwendungsschreiben auch zu der Frage, welche Objekte begünstigt sind und wann es sich um eine neue Wohnung handelt.
Beihilferechtliche Voraussetzungen
Die Sonderabschreibung wird nur gewährt, wenn der nach der De-minimis-Verordnung maximal zulässige Beihilfehöchstbetrag von 200.000 EUR unter Einbeziehung des Beihilfewerts aus der Sonderabschreibung nicht überschritten wird (Einzelheiten enthält das Anwendungsschreiben ab der Randziffer 89).
Zur Ermittlung des Beihilfewerts aus der Sonderabschreibung kann das vom Bundesfinanzministerium bereitgestellte Excel-Berechnungsschema genutzt werden.
Quelle | BMF-Schreiben vom 7.7.2020, Az. IV C 3 – S 2197/19/10009 :008, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 216898; Gesetzesbegründung: BT-Drs. 19/4949 vom 12.10.2018
Freiberufler und Gewerbetreibende
15 Bundesländer gewähren erneuten Aufschub bei der Umstellung elektronischer Kassen
| Eigentlich müssen bestimmte elektronische Aufzeichnungssysteme (insbesondere elektronische Kassensysteme und Registrierkassen) ab dem 1.1.2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen. Da eine flächendeckende Implementierung der TSE nicht bis Ende 2019 zu schaffen war, führte das Bundesfinanzministerium eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum 30.9.2020 ein, die nicht verlängert werden soll. Daraufhin haben 15 Bundesländer nun eigene Härtefallregelungen geschaffen, um die Frist bis zum 31.3.2021 zu verlängern. |
Hintergrund
Bestimmte elektronische Aufzeichnungssysteme müssen grundsätzlich über eine TSE verfügen, die aus drei Bestandteilen besteht:
- einem Sicherheitsmodul,
- einem Speichermedium und
- einer digitalen Schnittstelle.
Bereits 2017 erfolgte durch die Kassensicherungsverordnung (KassenSichV vom 26.9.2017, BGBl I 2017, S. 3515) eine Präzisierung: Hier wurde u. a. geregelt, welche elektronischen Aufzeichnungssysteme über eine TSE verfügen müssen. Das sind: elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen einschließlich Tablet-basierter Kassensysteme oder Softwarelösungen (z. B. Barverkaufsmodule).
Beachten Sie | Nicht zu den elektronischen Aufzeichnungssystemen gehören u. a.: elektronische Buchhaltungsprogramme, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Geldautomaten, Taxameter sowie Wegstreckenzähler.
Maßnahmen der Bundesländer
Mit einem Schreiben an die Wirtschaftsverbände hat das Bundesfinanzministerium nun mitgeteilt, dass es keine Notwendigkeit sieht, die Nichtbeanstandungsregelung über den 30.9.2020 hinaus zu verlängern. Als Folge haben die Bundesländer (Ausnahme: Bremen) beschlossen, unter bestimmten Voraussetzungen einen Aufschub bis zum 31.3.2021 zu gewähren. Gefordert wird u. a., dass das Unternehmen bis zum 30.9.2020 (in einigen Bundesländern sogar bis zum 31.8.2020) die Umrüstung bzw. den Einbau einer TSE bei einem Kassenhersteller oder Dienstleister beauftragt hat.
Beachten Sie | Eine Übersicht zu den Fristverlängerungen in den einzelnen Bundesländern finden Sie auf der Homepage des Steuerberaterverbands Bremen unter www.iww.de/s3929 (Stand: 27.7.2020).
Corona-Update: Anträge auf Überbrückungshilfe
| Die Corona-Pandemie hat vielfach zu Umsatzeinbußen geführt. Um die Existenz von kleinen und mittleren Unternehmen zu sichern, wurde eine branchenübergreifende Überbrückungshilfe aufgelegt, die für drei Monate (Juni, Juli und August 2020) beantragt werden kann. Der Antrag kann von Wirtschaftsprüfern, vereidigten Buchprüfern und Steuerberatern seit dem 8.7.2020 gestellt werden. Die Antragsfrist, die ursprünglich am 31.8.2020 enden sollte, wurde um einen Monat auf den 30.9.2020 verlängert. Wichtige Aspekte (insbesondere zu den Förderkriterien) hat das Bundesfinanzministerium in einem Fragen-Antworten-Katalog (unter www.iww.de/s3927) zusammengestellt. |
Voller Betriebsausgabenabzug bei einer Notfallpraxis im Wohnhaus möglich
| Ist bei einem Behandlungsraum im privaten Wohnhaus eine private (Mit-)Nutzung wegen seiner Einrichtung und tatsächlichen Nutzung praktisch ausgeschlossen, liegt ein betriebsstättenähnlicher Raum nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs selbst dann vor, wenn die Patienten den Raum nur über den privaten Hausflur betreten können. Die Abzugsbeschränkungen für häusliche Arbeitszimmer gelten in diesen Fällen nicht. |
Hintergrund
Liegt ein häusliches oder ein außerhäusliches Arbeitszimmer vor? Diese Frage ist ein Dauerbrenner im Einkommensteuerrecht. Während es beim häuslichen Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b Einkommensteuergesetz (EStG) Abzugsbeschränkungen gibt, sind die Kosten für ein außerhäusliches Arbeitszimmer oder eine (häusliche) Betriebsstätte in voller Höhe abzugsfähig. Auf den Tätigkeitsmittelpunkt oder einen weiteren Arbeitsplatz kommt es hier nicht an.
Das häusliche Arbeitszimmer ist ein Raum, der in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt.
Sachverhalt |
Eine Augenärztin betrieb zusammen mit weiteren Ärzten eine Gemeinschaftspraxis (GbR). Neben den Praxisräumen der GbR unterhielt sie im Keller ihres privaten Wohnhauses einen für die Behandlung von Patienten in Notfällen eingerichteten Raum (Instrumente, Liege, Medizinschrank etc.). Dieser Raum konnte nur durch den Hauseingang im Erdgeschoss und dem anschließenden privaten Hausflur erreicht werden. Eine gesonderte Zugangsmöglichkeit bestand nicht. Der Hausflur führte im Übrigen zu den privaten Wohnräumen. Im Keller befanden sich neben dem Behandlungsraum weitere privat genutzte Räume (u. a. ein Hauswirtschaftsraum und ein Heizungsraum). Die geltend gemachten Aufwendungen wurden vom Finanzamt nicht berücksichtigt. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Für das Finanzgericht Münster handelte es sich nicht um einen betriebsstättenähnlichen Raum, da dieser nicht leicht zugänglich war. Folglich würden die Aufwendungen den Abzugsbeschränkungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG unterliegen. In der Revision war die Augenärztin dann aber erfolgreich. |
Ob ein mit Wohnräumen des Arztes in räumlichem Zusammenhang stehender, zur Notfallbehandlung von Patienten genutzter Raum als betriebsstättenähnlicher Raum anzusehen ist, muss im Einzelfall festgestellt werden. Dabei ist sowohl die Ausstattung des Raums als auch die leichte Zugänglichkeit für Dritte bedeutend.
Im Streitfall war der Raum als Behandlungsraum eingerichtet und wurde als solcher von der Augenärztin genutzt. Wegen dieser tatsächlichen Gegebenheiten konnte eine private (Mit-)Nutzung des Raums praktisch ausgeschlossen werden. Angesichts der Ausstattung des Raums und der tatsächlichen beruflichen Nutzung fiel die räumliche Verbindung zu den privat genutzten Räumen nicht entscheidend ins Gewicht.
MERKE | Darin liegt der maßgebliche Unterschied zu jenen Entscheidungen, in denen der Bundesfinanzhof ausgeführt hat, dass es an einer leichten Zugänglichkeit der Notfallpraxis fehlt, wenn der Patient auf dem Weg in den Behandlungsraum erst einen Flur durchqueren muss, der dem Privatbereich unterliegt. Denn in diesen Fällen war eine private (Mit-)Nutzung nicht bereits wegen der konkreten Ausstattung des Raums und dessen tatsächlicher Nutzung zur Behandlung von Patienten auszuschließen. |
Quelle | BFH-Urteil vom 29.1.2020, Az. VIII R 11/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 216749
Umsatzsteuerzahler
Pauschalpreise: Aufteilung in der Gastronomie und für Beherbergungsleistungen
| Die Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle unterliegt grundsätzlich dem regulären Umsatzsteuersatz. Für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachte Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen (Getränke sind ausgenommen) erfolgte durch das Erste Corona-Steuerhilfegesetz eine Reduzierung auf den ermäßigten Steuersatz (vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020: 5 % und vom 1.1.2021 bis zum 30.6.2021: 7 %). Zu der Frage, wie ein Gesamtpreis (vereinfachungsgemäß) aufgeteilt werden kann, hat nun das Bundesfinanzministerium Stellung bezogen. |
Für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen ist es nicht zu beanstanden, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z. B. Buffet, All-Inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird.
Beherbergungsleistungen
Zudem hat die Finanzverwaltung einen bereits bestehenden Aufteilungsschlüssel für kurzfristige Beherbergungsleistungen (ermäßigter Steuersatz) angepasst. Hier geht es um in einem Pauschalangebot enthaltene, dem umsatzsteuerlichen Regelsteuersatz unterliegende Leistungen (z. B. Frühstück, Saunanutzung und Überlassung von Fitnessgeräten).
Diese Leistungen dürfen in der Rechnung zu einem Sammelposten (z. B. „Business-Package“, „Service-Pauschale“) zusammengefasst und in einem Betrag ausgewiesen werden. Bis dato hat es die Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn der auf diese Leistungen entfallende Entgeltanteil mit 20 % des Pauschalpreises angesetzt wird. Dieser Satz wurde nun auf 15 % geändert.
Beachten Sie | Die Regelungen der Verwaltungsanweisung sind ab dem 1.7.2020 bis zum 30.6.2021 anzuwenden.
Quelle | BMF-Schreiben vom 2.7.2020, Az. III C 2 – S 7030/20/10006 :006, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 217078