Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 10/2019:
Alle Steuerzahler
- Die Bundesregierung hat die Teilabschaffung des „Soli“ auf den Weg gebracht
- Häusliches Arbeitszimmer: Renovierung des Badezimmers nicht steuerlich abzugsfähig
- Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs nicht abzugsfähig
- Finanzamt darf gleichen Sachverhalt in unterschiedlichen Jahren anders beurteilen
Kapitalanleger
Freiberufler und Gewerbetreibende
- Ordnungsgemäße Buchführung: Neufassung der GoBD (vorerst) zurückgerufen
- Kassensysteme: Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung wohl erst ab 10/2020 Pflicht
- Künstlersozialabgabe auch 2020 bei 4,2 %
- Rentenberater sind gewerblich tätig – Prüfingenieure grundsätzlich nicht
Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften
- Frist für den Antrag auf Regelbesteuerung gilt auch bei verdeckter Gewinnausschüttung
- Zeitwertkonten: Verwaltung folgt der Rechtsprechung zu Fremd-Geschäftsführern
Abschließende Hinweise
- Sozialversicherung: Schülerbetreuung als selbstständige Tätigkeit
- Aktualisierte Broschüre: Steuertipps für behinderte Menschen und Ruheständler
- Neue Dienstanweisung zum Kindergeld
- Verzugszinsen
- Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 10/2019
Alle Steuerzahler
Die Bundesregierung hat die Teilabschaffung des „Soli“ auf den Weg gebracht
| Der Solidaritätszuschlag (kurz Soli) wurde u. a. zur Finanzierung der Wiedervereinigung eingeführt. Kürzlich hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Rückführung des Soli beschlossen. Damit soll die Ergänzungsabgabe von 2021 an für rund 90 % der heutigen Zahler vollständig entfallen. Für weitere 6,5 % soll der Zuschlag zumindest in Teilen entfallen. |
Hintergrund: Der Soli ist von Angestellten, Selbstständigen, Gewerbetreibenden und Kapitalgesellschaften gleichermaßen zu zahlen. Er beträgt 5,5 % der Einkommen- und Körperschaftsteuer.
Beispiel |
Der Steuerpflichtige A ist Arbeitnehmer, ledig und konfessionslos. Sein zu versteuerndes Einkommen lag in 2018 bei 43.000 EUR. Die Einkommensteuer für 2018 beträgt 9.752 EUR. Darauf wird ein Soli von 536,36 EUR (= 5,5 % der Einkommensteuer) erhoben. |
Nach derzeitigem Recht wird der Soli nur erhoben, wenn die tarifliche Einkommensteuer den Betrag von 972 EUR (bzw. 1.944 EUR bei Zusammenveranlagung von Ehegatten) übersteigt. Diese Freigrenze soll ab 2021 auf 16.956 EUR (bzw. 33.912 EUR) angehoben werden.
Beachten Sie | Durch die Erhöhung der Freigrenze sollen rund 90 % der vom Soli betroffenen Zahler von Lohnsteuer und veranlagter Einkommensteuer vollständig vom Soli befreit werden. Dies gilt auch für den Arbeitnehmer A im Beispiel. Bei unverändertem zu versteuernden Einkommen müsste er ab 2021 keinen Soli mehr zahlen.
Zudem soll die sogenannte Milderungszone angepasst werden. Diese verhindert, dass bei Personen, deren Einkommensteuerschuld nur minimal über der Freigrenze liegt, gleich der komplette Soli anfällt. Deshalb erhöht sich der Soli innerhalb der Milderungszone nur schrittweise auf 5,5 %. Von der geplanten Anpassung sollen weitere 6,5 % der Soli-Zahler profitieren.
MERKE | Auf den Soli, den Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH) auf die Körperschaftsteuer zahlen müssen, hat das Gesetzesvorhaben keine Auswirkungen. |
Quelle | Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 21.8.2019; Die Bundesregierung vom 21.8.2019 „Solidaritätszuschlag entfällt schrittweise – Milliardenschwere Entlastung ab 2021“
Häusliches Arbeitszimmer: Renovierung des Badezimmers nicht steuerlich abzugsfähig
| Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs gehören Kosten für den Umbau eines privat genutzten Badezimmers nicht zu den abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. |
Hintergrund
Grundsätzlich sind die eigentlichen Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer (Miete, Energiekosten etc.) nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig. Stellt das Arbeitszimmer jedoch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung dar, besteht keine Abzugsbeschränkung.
Beachten Sie | Bildet das Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der Betätigung, steht aber für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind Aufwendungen bis 1.250 EUR abziehbar.
Sachverhalt |
Eheleute hatten das Badezimmer und den vorgelagerten Flur in ihrem Eigenheim umgebaut. In dem Haus nutzte der Ehemann ein häusliches Arbeitszimmer für seine selbstständige Tätigkeit, das 8,43 % der Gesamtfläche ausmachte. Dementsprechend machte er auch 8,43 % der Umbaukosten als Betriebsausgaben geltend. Diese Aufwendungen berücksichtigte das Finanzamt (mit Ausnahme der Kosten für den Austausch der Tür zum Arbeitszimmer) allerdings nicht – und zwar zu Recht, wie nun der Bundesfinanzhof entschied. |
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Die dem Arbeitszimmer direkt zuzuordnenden Kosten sind in vollem Umfang abzugsfähig (sofern nicht die Begrenzung auf den Höchstbetrag von 1.250 EUR greift).
- Sind die Aufwendungen nicht direkt dem häuslichen Arbeitszimmer zuzuordnen, sondern fallen sie (wie z. B. Schuldzinsen oder Müllabfuhrgebühren) für das ganze Gebäude an, sind sie nach dem Flächenverhältnis aufzuteilen und somit anteilig zu berücksichtigen.
- Nicht anteilig abzugsfähig sind allerdings Kosten für einen Raum, der ausschließlich – oder mehr als in nur untergeordnetem Umfang – privaten Wohnzwecken dient. Und dies gilt (wie im Streitfall) auch für das Badezimmer und den Flur.
Quelle | BFH-Urteil vom 14.5.2019, Az. VIII R 16/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 210300; BFH, PM Nr. 47 vom 1.8.2019
Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs nicht abzugsfähig
| Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs sind jedenfalls dann nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige keine ärztliche Verordnung vorlegt. Pauschale ärztliche Bescheinigungen, nach denen z. B. Krankengymnastik und Muskeltraining angeraten werden, reichen nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Köln nicht. |
Sachverhalt |
Eine Steuerpflichtige hatte in ihrer Einkommensteuererklärung den Jahresbeitrag für einen Fitness- und Gesundheitsclub sowie Fahrtkosten zum Club als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Doch weder das Finanzamt noch das Finanzgericht Köln erkannten die Aufwendungen steuerlich an. |
Das Finanzgericht stellte zunächst infrage, ob und inwieweit es sich bei den Fitnessstudiobeiträgen überhaupt um unmittelbare (berücksichtigungsfähige) Krankheitskosten und nicht vielmehr um Kosten für vorbeugende oder allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen handelt, die zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung gehören.
Letztlich konnte diese Frage jedoch offenbleiben, da die Steuerpflichtige eine zum Nachweis der Zwangsläufigkeit erforderliche Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers für jede durchgeführte Einzelmaßnahme nicht vorgelegt hat.
MERKE | Es reicht nicht aus, dass ein Arzt pauschal bescheinigt, dass Sporttherapie, Krankengymnastik, Bewegungsübungen und Massagen unter therapeutischer Anleitung benötigt werden und Aufbautraining der Muskulatur angeraten wird, um die Gesundheit aufrechtzuerhalten. Denn diese Bestätigungen stellen kein Rezept oder eine Verschreibung einer konkreten und individuellen Therapiemaßnahme dar. |
Quelle | FG Köln, Urteil vom 30.1.2019, Az. 7 K 2297/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 210781
Finanzamt darf gleichen Sachverhalt in unterschiedlichen Jahren anders beurteilen
| Im Ertragsteuerrecht gilt der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. Das musste kürzlich ein Steuerpflichtiger vor dem Finanzgericht Niedersachsen „schmerzlich“ erfahren. Danach darf das Finanzamt den gleichen Sachverhalt in einem Jahr so und im anderen Jahr anders handhaben. |
Sachverhalt |
Das Finanzamt hatte einem IT-Unternehmer jahrelang geglaubt, dass er den jeweiligen betrieblichen Pkw nicht privat nutzt. Ein Fahrtenbuch hatte es nie gefordert. Im 13. Jahr unterstellte das Finanzamt dann, dass der Unternehmer den Pkw doch privat genutzt habe und besteuerte den geldwerten Vorteil nach der Ein-Prozent-Regelung. Dagegen wehrte sich der Unternehmer vergeblich. |
Das Finanzgericht Niedersachsen stellte zunächst heraus, dass der Beweis des ersten Anscheins für eine Privatnutzung des betrieblichen Pkw spricht. Und diesen Anscheinsbeweis konnte der Steuerpflichtige nicht entkräften.
Das Finanzamt war an seine steuerliche Würdigung des Sachverhalts in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen (jeweils kein Ansatz eines Privatnutzungsanteils) im Streitjahr nicht gebunden.
Bei Veranlagungssteuern (wie der Einkommensteuer) bedeutet die unterschiedliche Behandlung eines gleichartigen Sachverhalts in verschiedenen Veranlagungszeiträumen weder einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz noch einen Verstoß gegen Treu und Glauben. Vielmehr gilt im Ertragsteuerrecht der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, wonach die Grundlagen für die Festsetzung der Einkommensteuer jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln sind. Dies ermöglicht dem Finanzamt in jedem Veranlagungszeitraum eine erneute Überprüfung und ggf. Änderung einer früheren steuerlichen Würdigung.
Beachten Sie | Mit dieser Entscheidung will sich der Steuerpflichtige aber nicht zufrieden geben und hat gegen die nicht zugelassene Revision Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt. Große Erfolgsaussichten dürften jedoch nicht bestehen.
Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 20.3.2019, Az. 9 K 125/18, NZB BFH Az. VIII B 61/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 208941
Kapitalanleger
Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz: Finale Staatenaustauschliste 2019 liegt vor
| Nach den Vorgaben des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates automatisch ausgetauscht. Das Bundesfinanzministerium hat nun die Staatenaustauschliste 2019 bekannt gegeben. Enthalten sind die Staaten, mit denen der automatische Datenaustausch zum 30.9.2019 erfolgt. |
Weiterführende Informationen zum Informationsaustausch über Finanzkonten erhalten Sie u. a. auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums (unter www.iww.de/s308) sowie auf der Webseite des Bundeszentralamts für Steuern (unter www.iww.de/s2991).
Quelle | BMF-Schreiben vom 26.6.2019, Az. IV B 6 – S 1315/13/10021 :052, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 210487
Freiberufler und Gewerbetreibende
Ordnungsgemäße Buchführung: Neufassung der GoBD (vorerst) zurückgerufen
| Die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ wurden wegen der fortschreitenden Digitalisierung kürzlich mit Wirkung ab 2020 überarbeitet (BMF-Schreiben vom 11.7.2019, Az. IV A 4 – S 0316/19/10003 :001) – und bereits wieder außer Kraft gesetzt. Der Grund: Es soll noch Abstimmungsbedarf mit den Bundesländern bestehen, wobei es sich wohl „nur“ um das Datenzugriffsrecht der Finanzbehörde nach § 147 Abs. 6 der Abgabenordnung handeln soll. |
Dennoch: Da die im Juli auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums veröffentlichte Neufassung der GoBD wieder entfernt wurde, ist bis auf Weiteres das Schreiben vom 14.11.2014 maßgebend. Die in dem zurückgezogenen Schreiben genannten Erleichterungen (beispielsweise die bildliche Erfassung von Belegen durch mobile Endgeräte) sind vorerst nicht anwendbar.
Kassensysteme: Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung wohl erst ab 10/2020 Pflicht
| Nach § 146a der Abgabenordnung (AO) müssen bestimmte elektronische Aufzeichnungssysteme (insbesondere elektronische Kassensysteme und Registrierkassen) ab dem 1.1.2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen. Erst kürzlich wurden die Anforderungen in einem Anwendungserlass der Finanzverwaltung näher präzisiert. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat nun berichtet, dass das Bundesfinanzministerium eine Nichtaufgriffsregelung bis zum 30.9.2020 anvisiert. |
Nach den DIHK-Informationen sind zurzeit noch keine zertifizierten Sicherheitslösungen am Markt erhältlich. Voraussichtlich erst im Oktober 2019 sollen die ersten – vorläufig zertifizierten – TSEs verfügbar sein, sodass keine flächendeckende Ausstattung aller Kassen bis zum 1.1.2020 möglich ist. Daher plant das Bundesfinanzministerium, so der DIHK, ein Schreiben mit einer Nichtaufgriffsregelung bis zum 30.9.2020. Das Schreiben soll nach Abstimmung mit den Ländern Ende September/Anfang Oktober 2019 veröffentlicht werden.
Quelle | DIHK, „Steuern Finanzen Mittelstand“, Ausgabe 7/19; BMF-Schreiben vom 17.6.2019, Az. IV A 4 – S 0316-a/18/10001
Künstlersozialabgabe auch 2020 bei 4,2 %
| Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird auch im Jahr 2020 bei 4,2 % liegen. Damit bleibt der Abgabesatz im dritten Jahr in Folge unverändert. Der unveränderte Abgabesatz ist im Wesentlichen auf das Gesetz zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes zu Beginn des Jahres 2015 zurückzuführen. Denn wegen der dadurch intensivierten Prüf- und Beratungstätigkeit von Rentenversicherung und Künstlersozialkasse hat sich die Zahl der abgabepflichtigen Unternehmen erhöht. |
Was ist die Künstlersozialversicherung?
Über die Künstlersozialversicherung werden über 185.000 selbstständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die Künstler und Publizisten tragen – wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer – die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird finanziert durch einen Bundeszuschuss (20 %) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 %), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten.
Beachten Sie | Grundsätzlich gehören alle Unternehmen, die durch ihre Organisation, besondere Branchenkenntnisse oder spezielles Know-how den Absatz künstlerischer Leistungen am Markt fördern oder ermöglichen, zum Kreis der künstlersozialabgabepflichtigen Personen. Weitere Informationen zur Abgabepflicht und -freiheit erhalten Sie unter www.kuenstlersozialkasse.de.
Quelle | Künstlersozialabgabe-Verordnung 2020, BGBl I 2019, S. 1354; BMAS, PM vom 5.9.2019